19.08.2015 - Wild Bill and the Devils Tower

Was, Wie Wo? Um 7.30 Uhr sitze ich im Bett weil Melina einen Schrei ausstößt.
Ich glaub es nicht - sie schläft! Was für einen Alptraum hat sie denn jetzt?
Na gut, dann werde ich mich mal unter die Dusche verkrümeln.
Als ich um kurz vor 8 Uhr wieder ins Zimmer komme, zieht Lissy gerade den Vorhang auf und macht einen Wettercheck. Hurra, die Sonne scheint wieder!
Na dann los - alles aufstehen!
Melina wankt schlaftrunken unter die Dusche. Zum Glück ist Lissy schnell fertig und wir gehen schon mal vor zum Frühstück. Heute gibts kein Rührei dafür aber ein leckeres Käseomlette und Biscuits. Auch Markus und Michelle sind mittlerweile eingetrudelt und da es nur bis 9 Uhr Frühstück gibt, werden heute mal die Rollen vertauscht und Melina kommt in den Genuß vom Frühstücksservice.
Nachdem ich jetzt gestärkt bin, habe ich die undankbare Aufgabe den chaotischen Koffer der Kids neu zu sortieren. Meine Güte was ein Chaos. Oh, jetzt hätte ich beinahe den Oshkosh Pulli vergessen, der neben das Sofa gefallen ist.
Um 9.30 Uhr ist endlich alles verstaut und wir checken aus. Noch schnell neues Eis in die Kühltruhe und es kann losgehen.
Nach ungefähr 5 Minuten Fahrt halten wir kurz noch einmal beim Crazy Horse Memorial an, das von der Straße aus gut zu erkennen ist. Heute morgen gibt es endlich Fotos in strahlendem Sonnenschein. Und ich bin gleich besser gelaunt.

Schon kurz darauf kommen wir an dem wunderschönen dunkelblauen Sheridan Lake vo
rbei. Die Landschaft hier ist wirklich toll und mit Sonnenschein wirkt alles direkt anders.
Am Pactola Lake stoppen wir kurz um die tolle Aussicht zu genießen - hier ist es aber auch schön!

Die Zeit vergeht wie im Flug und um 11.20 Uhr überqueren wir die Stadtgrenze von Deadwood - mitten im Wilden Westen.
Als der Goldrausch in den Black Hills ausbrach, kamen über 25.000 Abenteurer und stampften diese berüchtigte Minenstadt aus dem Boden. Sie war ein raues Pflaster und bekannte Bewohner waren die schießwütige Calamity Jane und der Westernheld Wild Bill Hickok.
Heute zählt sie gerade mal 1300 Einwohner.

Direkt vor der Ortseinfahrt ist eine endlose Baustelle - mal wieder! Alle Straßen aufgerissen, die LKWS kurven kreuz und quer und geschlagene 20 Minuten geht in keiner Richtung was. Hab ichs schon gesagt: ICH HASSE BAUSTELLEN!!
Natürlich gibt es wie immer keine Baustellenampeln sondern Schilderträger die anscheinend gerade mal Pause machen, jedenfalls muss die Unterhaltung ziemlich spannend sein.
Umso mehr freue ich mich als wir endlich auf den Parkplatz des Visitor Centers rollen und sogar noch eine freie Parkuhr erwischen. Mit 4 Quarter sind wir für 2 Stunden dabei. Hurra! Eine Toilette!
Aus der Info holen wir uns noch einen Stadtplan mit und lassen uns die wichtigsten Sehenswürdigkeiten einkreisen.

Nur eine Parallelstraße weiter ist die Historic Main Street. Hm, schon sehr modern - ich hatte eigentlich gedacht, es wäre mehr wie in Virginia City. Die Straßen sind geteert und in den diversen Häusern reiht sich ein Souvenirshop an den anderen. Nur die tollen Fassaden erzählen noch von den vergangenen wilderen Tagen. Man merkt sofort, dass hier das Glücksspiel legalisiert wurde, auf der gegenüberliegenden Seite warten zahlreiche Glücksspielhallen auf zahlende Gäste.

Wir bummeln ein wenig durch die Shops. In dem sehr schönen Lädchen an der Ecke kauft Melina sich einen wunderschönen Traumfänger mit Lederbändern.
Neben den Souvenirshops gibt es hier viele Geschäfte mit sehr hochwertiger Bekleidung wie Rock Revival, True Religion Jeans und den unglaublichsten Westernstiefel, die allerdings mit 300-400$ auch hier ihren Preis kosten.
Lissy entdeckt ein Spielwarengeschäft mit 60er Jahre Sachen. Der Laden hat tolle Schilder und witzige Assesoires aus der Zeit. Die Mädels kaufen sich Kaugummizigaretten und Hershey Schokolade - oh, und da sind leckere MundM Kekse - die muss ich unbedingt mal probieren!
Die Bar gegenüber ist Klasse, vor allem die tollen Stühle davor sind super und müssen natürlich direkt getestet werden.

Daneben landen wir in einem historischen Saloon und bewundern die ganzen Ausstellungsstücke die augenscheinlich schon sehr alt sind.
Im Obergeschoß ergattere ich ein altes Autoschild von Wyoming. Im Untergeschoß wird wohl lautstark eine Tour durch die historische Spielhalle angeboten, wo angeblich auch Wild Bill erschossen wurde. Für 5$ ist man dabei - da ich aber weiß, dass es den legendären Saloon wo Wild Bill erschossen wurde nicht mehr gibt, ist das wohl eher riesiger Touristenkitsch.
Im Nebenraum ist der Zutritt nur ab 21 Jahre und wird auch strengstens von einem ziemlich grimmig aussehenden Zeitgenossen bewacht.

Ich bin mir nicht sicher ob die Zutrittsbeschränkung wegen der unzähligen Waffen ist, die hier herumstehen oder wegen der ganzen höchst zerbrechlichen Gegenstände.
2 Geschäfte weiter kauft Markus sich einen originalen Sheriffstern - jedenfalls wenn man den ganzen Schildern glaubt, die überall herum stehen.
Im Stockwerk höher sind einige Antiquitäten zu sehen. Das Poster von der Stampede ist toll und schon für schlappe 150 $ zu haben. Ich begnüge mich mit einem schönen Autoschild für Wyoming. Prima, schon wieder Deko für mein Büro.
Wir bummeln noch eine Weile durch die verschiedenen kleinen Geschäfte bevor wir uns auf den Rückweg zum Auto machen.

Unser nächstes Ziel liegt ganz in der Nähe, immer weiter den Berg nach oben, ist der Mount Moriah Friedhof.
Wir haben wieder Glück und erwischen den letzten freien Parkplatz. Für diesen historischen Friedhof wird erst einmal Eintritt fällig, der allerding mit 1$ für Erwachsene und 50 Cent für die Kids zu verkraften ist.

Zum Grab von Wild Bill und Calamity Jane schieben wir uns immer weiter bergauf - puh, knips mal einer die Sonne aus, mir ist warm. Auch ein Tourbähnchen kommt gleichzeitig mit uns an. Eigentlich finde ich sowas echt schrecklich, diese Massenabfertigung.
Heute haben wir Glück, denn der Reiseleiter ist offenbar ein witziger Spaßvogel, der viele Anekdoten über die Personen in den Gräber zu erzählen weiß.
Danach warten wir ab bis sich der Tumult an den Grabsteinen lichtet und wir in aller Ruhe unsere Fotos machen können, während die anderen Touristen schon wieder zum nächsten Haltepunkt gekarrt werden.

Was um das Grab herum für ein Krempel liegt, ist auch unglaublich. Mit den ganzen Münzen, Fähnchen, Briefen und diversen Sonnenbrillen, sieht es fast aus wie die Pilgerstätte eines Stars nicht wie das Grab eines Westernhelden.
Da wirkt die Grabstätte von Calamity Jane direkt nebenan fast schon ein wenig farblos.
Die schön geschmückten Grabsteine, die in den Reihen daneben stehen, sind ausnahmslos Gräber von jüdischen Kaufleuten und etwas weiter sind in einem riesigen Bereich nur Kinder begraben.
Am anderen Ende des Friedhofs entdecken wir noch einen tollen Aussichtspunkt auf das Städtchen.

Wir genießen die schöne Aussicht und wandern dann zurück zum Visitor Center.
Hier gibt es wirklich witzige Souveniers. Flaschenverschlüsse mit Westernköpfen, viele Traumfänger, von denen Melina einen für ihre Freundin Lara mitnimmt, Sheriffsterne und was ich total schön finde: einen ganz tollen Bilderrahmen mit einer Holzpistole, Patronenhülsen und einem Sheriffstern. Der ist super und wandert mit zu meiner Ausbeute.
Wir freuen uns über unsere Errungenschaften und nachdem alles im Auto verstaut ist, machen wir uns auf immer weiter nach Westen.
Schon kurze Zeit später erreichen wir South Dakotas Grenze und fahren in Wyoming ein. Das Grenzschild sieht aus als hätten einige verrückten Gestalten ihre Schießübungen gemacht.

Nur 30 min später können wir in der Ferne einen Blick auf den Devils Tower erhaschen. Wir machen noch eine kurze Futterpause an einem uns unbekannten Canyon.
Als uns ein Schwarm Moskitos verspeisen will, sehen wir zu, dass wir weiter kommen.
Die Strecke zieht sich dann doch noch ganz schön. Erst um 15.30 Uhr erreichen wir die Einfahrt zum National Park. Fast unmittelbar hinter dem Eingang ist nur noch Schritttempo möglich. Links und rechts neben der Straße wimmelt es von neugierigen, umherwuselnden Prärie Dogs.

Die Kinder sind begeistert, die sind aber auch zu putzig. Da Lissy ganz ruhig da steht, kommen zwei besonders neugierige Exemplare immer näher und beschnuppern sie rundherum.

Wir können uns nur schwer von den süßen Tierchen losreißen - vor allem Lissy würde am liebsten ewig hier stehen bleiben. Aber ich dränge weiter, schließlich ruft der Tower nach uns.
Der Parkplatz ist brechend voll und erst nachdem wir mehrmals im Kreis gefahren sind, erwischen wir ein freies Plätzchen. Auf der Treppe runter zu den Toiletten ist es dermaßen voll, dass man meinen könnte, da gibt es was umsonst.
Melina und Lissy ergattern sich bei der Rangerin ein Junior Ranger Buch. Wir schauen uns noch die Ausstellung an und spazieren dann zum Tower Trail hinüber.
Der Anfang geht etwas bergauf. Michelle bekommt schon hier nur schlecht Luft und so plaziert sie sich auf einem besonders dicken bequemen Felsen um noch etwas das schöne Wetter zu genießen.

Die ungewöhnliche Form und die senkrecheten Rillen im Fels haben dafür gesorgt, dass die Indianer den Berg als heilig ansahen und der Tower schon in 1906 zum ersten National Monument der Welt erklärt wurde.
Bis heute ist für die Indianer der Berg heilig uns sie nennen ihn nicht Turm des Teufels sondern Bear Lodge. Es finden auch immer noch religiöse Zeremonien statt, von denen wir noch einige Überbleibsel in Form von bunten Tüchern in den Bäumen entdecken.

Überall liegen dicke Felsblöcke herum und der gepflasterte, schmale Weg führt mitten hindurch.
Mitten im Fels sind mehrere Kletterer beschäftigt, die glatte Wand nach oben zu kommen. Die benötigte Permit hierfür, bekommt man auch im Visitor Center.
Die Kids rennen von Schild zu Schild um die Infos für ihr Junior Ranger Buch zu bekommen.
Kurz darauf kommen wir durch den Wald, der nach einem Waldbrand sich selbst überlassen wurde. Die Natur hat sich den verbrannten Boden mittlerweile zurückerobert und überall blühen gelbe und blaue Blumen.
Um die Ecke öffnet sich der Wald und wir bekommen eine tolle Aussicht aufs Tal mit einem Fluß und einer riesigen Ranch. Schön - da würde es mir schon gefallen.

Ab hier wird der Wald dichter und der Pfad führt immer wieder kurze Stücke nach oben. Als wir am Schild, welches die Hälfte des Trails markiert ankommen, braucht auch Melina ihr Asthmaspray. Na gut, kurze Pause.
Mehrere Eichhörnchen wuseln um uns herum und suchen nach Pinienkernen die zahlreich auf dem Boden liegen.
Wir beobachten eine Gruppe Kletterer, die schon ziemlich weit oben sind. Puh, das sieht ganz schön gefährlich aus.

Die zweite Hälfte des Trails liegt um diese Zeit fast komplett im Schatten.
Die meiste Zeit geht es jetzt bergab. Die Felsen sind so glatt geschliffen, das es ab und zu ganz schön rutschig ist. An einer besonders abschüssigen Stelle rutsche ich weg und fast wäre es schon wieder passiert. Zu meinem Glück ist Melina in der Nähe und fängt mich ab. So langsam werde ich wohl alt und tatterig.
Der restliche Weg ist nicht ganz so spektakulär, da von hier aus der Tower nicht komplett zu sehen ist. Die Bäume verdecken zu viel von der Sicht.
Um kurz vor halb 6 Uhr sind wir wieder am Startpunkt.
Mit Hilfe von Michelles Englischkenntnissen und den Infos im Visitorcenter werden die Junior Ranger Bücher fertig ausgefüllt.
10 Minuten vor Toresschluß legen die Kinder den Ranger Eid ab. Die Rangerin ist total süß und will immer wieder wissen was das denn auf Deutsch heißt.
Zum Schluß bekommen die Mädels ihr verdientes Abzeichen.
Direkt hinter uns schließt das Visitor Center seine Pforten - Glück gehabt.

Markus wartet schon vor der Tür im Auto mit offenen Türen. Es ist schon ganz schön spät und außerdem haben wir jetzt alle Hunger - stimmt es gab ja nur etwas Obst und Reste.
Melina hält Ausschau im Nirgendwo und im nahe gelegenen Gilette findet ihr eingebauter Essensradar einen McDonalds - Hä? Wo soll der sein. Wir suchen den Horizont ab, können aber nichts entdecken. Aber tatsächlich, sie lotst uns richtig und kurz darauf rollen wir beim goldenen M auf den Hof. Wenns ums Essen geht, ist mit ihr definitiv nicht zu spaßen.
Wir sind so hungrig, dass uns das Essen wie ein 5 Sterne Menü vorkommt.
Nachdem wir alle gesättigt und zufrieden sind, wird es wirklich Zeit weiterzufahren. Wir haben schon 19.30 Uhr und Sheridan ist noch ein gutes Stück entfernt.
Unterwegs erleben wir einen wunderschönen Sonnenuntergang mitten im Nirgendwo . Meine Knipskiste beginnt zu spinnen und spuckt mehrere Fehlermeldungen aus - He, was soll das? Zum Glück sind die Fotos noch da, ich hatte schon das Schlimmste befürchtet.

So weit unser Auge blicken kann gibt es nichts - Felder, Wiesen, Hügel und dann wieder Felder, Wiesen, Hügel und immer so weiter. Selbst als unser Navi um kurz vor 21 Uhr nur noch 5 Minuten bis zum Hotel anzeigt, können wir noch keine Lichter einer Zivilisation sehen. Was macht man eigentlich wenn man mitten im nirgendwo liegen bleibt - oh je, bloß nicht drüber nachdenken.
Schon kurz darauf sind wir dann endlich am Quality Inn, direkt am Ortseingang von Sheridan.
Leider gibt es um diese Uhrzeit kein Zimmer mehr unten sondern nur noch im ersten Stock und einen Aufzug gibt es natürlich auch nicht. Müde schleppen wir unser Gepäck nach oben. Puh, das Zimmer riecht total eklig, wenn hier keiner drin geraucht hat, fresse ich einen Besen!
Markus besorgt uns einen anderen Raum, der zum Glück gleich schräg gegenüber liegt. Na, hier ist es doch gleich viel besser.
Mit Pool wird es heute mal nichts, es gibt nur einen Hot Tube und der ist für Kinder unter 14 Jahren ab 21 Uhr gesperrt.
Na, macht auch nichts, ich bin soooo erledigt, dass ich mich nur noch aufs Bett fallen lasse. Dafür bekomme ich eine kostenlose Massage von Lissy - ah, so schön!
Jetzt bin ich doch richtig tiefenentspannt. Ich lade noch schnell die Fotos von heute hoch, während Michelle noch mit Betül in der Lobby telefoniert. Erst um 1.30 Uhr hat sie genug gequatscht und beschließt, dass der Tag auch für sie vorbei ist.
Ich bin gerade erst wieder eingeschlafen als um 2 Uhr jemand unsere Zimmertür aufmacht. Hä - was ist denn hier los? Mit Herzrasen springe ich aus dem Bett und drücke die Tür wieder ins Schloß. Was ruft der Typ? Ist der besoffen? Zum Glück hatte ich den Riegel vorgeschoben - wie bekam der überhaupt mit seiner Zimmerkarte die Tür auf? Erst um 3 Uhr ist mein Puls soweit runtergefahren, dass ich wieder einschlafen kann.
Was für eine Nacht!

gefahrene Kilometer: 406 km
Wetter: sonnige 17 Grad morgens und 26 Grad nachmittags
Highlight des Tages: Wanderung im Devils Tower N.M.